Schlaflos

Wir haben Platz!

Kommentar zur Grenzgewalt an der polnisch-belarussischen Grenze und der deutschen Reaktion

Seit Monaten sind auf der sogenannten Belarus-Route Menschen unterwegs. Der Beralussische Diktator Lukaschenko lässt gezielt Menschen aus Kriegs- und Krisenregionen einfliegen und bringt sie an die Grenze nach Polen, Lettland und Litauen. Insbesondere an der Grenze zu Polen ist die Lage katastrophal. Es ist eine Sperrzone errichtet worden, Journalist*innen, Freiwillige, Ärzt*innen dürfen sie nicht betreten. Die Menschen sind dort gefangen, eingesperrt zwischen zwei Ländern, ohne Zugang zu Wasser, Nahrung oder medizinischer Versorgung. Mehrere Menschen sind bereits verstorben, die Dunkelziffer ist sicherlich viel höher. Tausende hungern, frieren, dursten. Diejenigen, die es nach Polen schaffen, werden zurück gepushbackt, also illegaler Weise zurück über die Grenze gebracht, meist mit extremer Gewalt. Pushbacks sind nach EU Recht, Völkerrecht und Genfer Flüchtlingskonventionen illegal, doch Polen hat sie nun legalisiert, begründet mit dem Ausnahmezustand. In anderen Worten, Menschen, die aus Kriegsgebieten wie Syrien, Afghanistan und dem Irak in der EU Schutz suchen, um Asyl bitten, werden mit Tritten, Schlägen und Hundebissen davon abgehalten. Das ist nichts anderes als staatlich organisierte Gewalt, also Folter.

Unser Nachbarland foltert also wehrlose Menschen, Männer, Frauen und Kinder. Und Deutschland? Die Medien sind voll von Berichten à la 2015 darf sich nicht wiederholen”, “Oh nein jetzt wurden wieder 3 Iraker irgendwo aufgegriffen”, “Belarus bedroht die EU”, ”Der sächsische Ministerpräsident Kretschmer fordert den Bau von Mauern und Zäunen”. Es ist bereits ein Großaufgebot an Polizei im Grenzgebiet zu Polen und natürlich fehlen auch nicht die rechten Schlägertrupps, die sich eigenständig an die Grenze begeben, um Menschen an der Einreise nach Deutschland zu hindern. Es ist erbärmlich.

Würden nicht Menschenleben davon abhängen, wäre es einfach lächerlich, wie EU, wie Deutschland diejenigen Länder, die bei ihrer dreckigen Abschottungspolitik nicht mitmachen, als Schurkenstaaten abtut. 2020 öffnete die Türkei die Grenzen zu Griechenland, letzten Sommer Marokko zu Spanien und jetzt Belarus. Die EU hat sich selbst erpressbar gemacht und stellt sich als Opfer einer gemeinen Bedrohung durch die bösen Anrainerstaaten dar. In Wahrheit hat die EU den Boden der Rechtsstaatlichkeit längst verloren. In der Abwehr schutzbedürftiger Menschen ist ihr kein schmutziger Deal, kein Pushback, keine Gewalt zu teuer. Die EU und Deutschland stilisieren eine Gruppe von Menschen zur absoluten Bedrohung, die aus dem einzigen Grund nach Europa kommen, dass sie ihr Leben retten wollen. Niemand begibt sich freiwillig auf eine Flucht, niemand verlässt freiwillig sein Land, seine Familie, seine Heimat, um dann an den europäischen Außengrenzen gefoltert zu werden. Dadurch, dass die EU geflüchtete Menschen als Bedrohung darstellt, die es mit jedem Mittel zu verhindern gilt, bietet sie eine Steilvorlage für Länder wie Belarus, sie zu erpressen.

Stellt euch einmal vor, Belarus würde Französ*innen, US-Amerikaner*innen und Australier*innen einfliegen und an die polnische Grenze bringen. Würde es als Bedrohung gesehen oder als Lächerlichkeit?  Einzig und allein die Rhetorik und Politik der EU, die auf Hetze, Rassismus und Neokolonialismus beruht, bewirkt es, dass eine Gruppe von Syrer*innen, Afghan*innen und Iraker*innen als Bedrohung wahrgenommen wird. Die Lösung ist daher keineswegs, neue Zäune zu bauen und sich noch mehr abzuschotten. Im Gegenteil. Die Lösung ist es, ENDLICH sichere Fluchtwege zu schaffen, sodass Menschen aus Kriegsregionen auf legalem und sicherem Weg in die EU einreisen können und ihr grundlegendes Menschenrecht auf Asyl wahrnehmen können. Damit wären auf einen Schlag die Schleppernetzwerke, die Macht von Belarus und der Menschenhandel hinfällig. Und schutzbedürftige Menschen müssten nicht länger ihr Leben riskieren, um einen Asylantrag stellen zu können. Die europäischen Außengrenzen wären nicht länger ein Gebiet von Gewalt, Pushbacks und Folter, niemand müsste an den Grenzen verhungern, verdursten oder erfrieren.

Jeder einzelne Mensch, der an der Grenze festsitzt, der gewaltsam zurückgedrängt wird und gegen den deutsche Politiker*innen hetzen, ist in erster Linie ein Mensch, ein Individuum, mit eigenen Träumen, Wünschen und Zielen, mit seiner oder ihrer ganz persönlichen Geschichte und Erfahrungen. Die menschenfeindliche Hetze und deutsche Politik versteckt sich hinter Zahlen und Nummern und verliert dabei den Menschen aus dem Blick. Es sind nicht Zahlen, sondern Individuen die gefoltert werden. 

Ich war gestern bei einer Kundgebung,  einer Trauerrede anlässlich des Todes von Gailan Ismael, einem 25-Jährigen, der an der polnisch-belarussischen Grenze gestorben ist. Seine Cousine hat eine eindrucksvolle Rede gehalten und die Todesumstände erklärt: Gailan war Diabetiker, nach zwei Wochen ohne Nahrung und Medikamenten stand er kurz vor dem Tod. Seine beiden Brüder und sein fünf-jähriger Neffe flehten die polnischen Grenzbeamt*innen an, Gailan medizinische Versorgung zu gewähren, damit er nicht sterben muss. Doch sie wurden ausgelacht. Kurz darauf verstarb der junge Mann. Ebenso wie ein zweijähriges und ein elfjähriges Kind in den letzten Tagen verstarben. Umgebracht durch Europa.  

Berichte von Aktivist*innen vor Ort schildern unfassbares: Kinder werden immer schwächer und müssen vor Hunger Zweige essen. Eine Aktivistin berichtete mir, dass sie nur dunkle Jacken verteilen, Zelte oder ähnliches werden nicht benutzt, da sich die Menschen auf den Boden pressen, um nicht gesehen zu werden. Sie sind eingekesselt von 12.000 polnischen Soldat*innen, die Tränengas gegen sie einsetzen und werden von belarussischer Seite mit Waffengewalt daran gehindert, nach Belarus zurückzukehren. 

Europa guckt lachend zu, wie Menschen sterben. Jede*r Europäer*in, die schweigt, die jetzt nicht aufsteht und sich klar gegen die Grenzgewalt ausspricht, duldet, legitimiert und ermöglicht dies. Wenn ihr weiter schweigt, dann guckt auch ihr (lachend) zu, wie Menschen vor unseren Augen elendig zugrunde gehen.

Wir fordern die neue Bundesregierung und die Europäischen Regierungen auf, sich entschlossen für Menschenrechte, für sichere Fluchtwege und das sofortige Ende der Pushbacks einzusetzen. Die Menschen an der Grenze zwischen Polen und Belarus müssen einreisen dürfen und einen Asylantrag stellen dürfen. Deutschland darf keine Grenzkontrollen oder Grenzzäune einführen, sondern muss solidarisch Menschen aus Polen aufnehmen. Wir dürfen nicht wegschauen und ignorieren, wie unschuldige Menschen massiver Gewalt ausgesetzt sind.  Was wir seit Jahren in der EU erleben ist keine Flüchtlingskrise, sondern eine Krise der Humanität und der Rechtsstaatlichkeit. Aber wir sind und wir bleiben laut, bis die EU endlich nach rechtsstaatlichen Prinzipien handelt. Kein Mensch ist illegal, wir haben Platz und wir wollen schutzsuchende Menschen aufnehmen, jetzt!

Seit Monaten sind auf der sogenannten Belarus-Route Menschen unterwegs. Der Beralussische Diktator Lukaschenko lässt gezielt Menschen aus Kriegs- und Krisenregionen einfliegen und bringt sie an die Grenze nach Polen, Lettland und Litauen. Insbesondere an der Grenze zu Polen ist die Lage katastrophal. Es ist eine Sperrzone errichtet worden, Journalist*innen, Freiwillige, Ärzt*innen dürfen sie nicht betreten. Die Menschen sind dort gefangen, eingesperrt zwischen zwei Ländern, ohne Zugang zu Wasser, Nahrung oder medizinischer Versorgung. Mehrere Menschen sind bereits verstorben, die Dunkelziffer ist sicherlich viel höher. Tausende hungern, frieren, dursten. Diejenigen, die es nach Polen schaffen, werden zurück gepushbackt, also illegaler Weise zurück über die Grenze gebracht, meist mit extremer Gewalt. Pushbacks sind nach EU Recht, Völkerrecht und Genfer Flüchtlingskonventionen illegal, doch Polen hat sie nun legalisiert, begründet mit dem Ausnahmezustand. In anderen Worten, Menschen, die aus Kriegsgebieten wie Syrien, Afghanistan und dem Irak in der EU Schutz suchen, um Asyl bitten, werden mit Tritten, Schlägen und Hundebissen davon abgehalten. Das ist nichts anderes als staatlich organisierte Gewalt, also Folter.

Unser Nachbarland foltert also wehrlose Menschen, Männer, Frauen und Kinder. Und Deutschland? Die Medien sind voll von Berichten à la 2015 darf sich nicht wiederholen”, “Oh nein jetzt wurden wieder 3 Iraker irgendwo aufgegriffen”, “Belarus bedroht die EU”, ”Der sächsische Ministerpräsident Kretschmer fordert den Bau von Mauern und Zäunen”. Es ist bereits ein Großaufgebot an Polizei im Grenzgebiet zu Polen und natürlich fehlen auch nicht die rechten Schlägertrupps, die sich eigenständig an die Grenze begeben, um Menschen an der Einreise nach Deutschland zu hindern. Es ist erbärmlich.

Würden nicht Menschenleben davon abhängen, wäre es einfach lächerlich, wie EU, wie Deutschland diejenigen Länder, die bei ihrer dreckigen Abschottungspolitik nicht mitmachen, als Schurkenstaaten abtut. 2020 öffnete die Türkei die Grenzen zu Griechenland, letzten Sommer Marokko zu Spanien und jetzt Belarus. Die EU hat sich selbst erpressbar gemacht und stellt sich als Opfer einer gemeinen Bedrohung durch die bösen Anrainerstaaten dar. In Wahrheit hat die EU den Boden der Rechtsstaatlichkeit längst verloren. In der Abwehr schutzbedürftiger Menschen ist ihr kein schmutziger Deal, kein Pushback, keine Gewalt zu teuer. Die EU und Deutschland stilisieren eine Gruppe von Menschen zur absoluten Bedrohung, die aus dem einzigen Grund nach Europa kommen, dass sie ihr Leben retten wollen. Niemand begibt sich freiwillig auf eine Flucht, niemand verlässt freiwillig sein Land, seine Familie, seine Heimat, um dann an den europäischen Außengrenzen gefoltert zu werden. Dadurch, dass die EU geflüchtete Menschen als Bedrohung darstellt, die es mit jedem Mittel zu verhindern gilt, bietet sie eine Steilvorlage für Länder wie Belarus, sie zu erpressen.

Stellt euch einmal vor, Belarus würde Französ*innen, US-Amerikaner*innen und Australier*innen einfliegen und an die polnische Grenze bringen. Würde es als Bedrohung gesehen oder als Lächerlichkeit?  Einzig und allein die Rhetorik und Politik der EU, die auf Hetze, Rassismus und Neokolonialismus beruht, bewirkt es, dass eine Gruppe von Syrer*innen, Afghan*innen und Iraker*innen als Bedrohung wahrgenommen wird. Die Lösung ist daher keineswegs, neue Zäune zu bauen und sich noch mehr abzuschotten. Im Gegenteil. Die Lösung ist es, ENDLICH sichere Fluchtwege zu schaffen, sodass Menschen aus Kriegsregionen auf legalem und sicherem Weg in die EU einreisen können und ihr grundlegendes Menschenrecht auf Asyl wahrnehmen können. Damit wären auf einen Schlag die Schleppernetzwerke, die Macht von Belarus und der Menschenhandel hinfällig. Und schutzbedürftige Menschen müssten nicht länger ihr Leben riskieren, um einen Asylantrag stellen zu können. Die europäischen Außengrenzen wären nicht länger ein Gebiet von Gewalt, Pushbacks und Folter, niemand müsste an den Grenzen verhungern, verdursten oder erfrieren.

Jeder einzelne Mensch, der an der Grenze festsitzt, der gewaltsam zurückgedrängt wird und gegen den deutsche Politiker*innen hetzen, ist in erster Linie ein Mensch, ein Individuum, mit eigenen Träumen, Wünschen und Zielen, mit seiner oder ihrer ganz persönlichen Geschichte und Erfahrungen. Die menschenfeindliche Hetze und deutsche Politik versteckt sich hinter Zahlen und Nummern und verliert dabei den Menschen aus dem Blick. Es sind nicht Zahlen, sondern Individuen die gefoltert werden. 

Ich war gestern bei einer Kundgebung,  einer Trauerrede anlässlich des Todes von Gailan Ismael, einem 25-Jährigen, der an der polnisch-belarussischen Grenze gestorben ist. Seine Cousine hat eine eindrucksvolle Rede gehalten und die Todesumstände erklärt: Gailan war Diabetiker, nach zwei Wochen ohne Nahrung und Medikamenten stand er kurz vor dem Tod. Seine beiden Brüder und sein fünf-jähriger Neffe flehten die polnischen Grenzbeamt*innen an, Gailan medizinische Versorgung zu gewähren, damit er nicht sterben muss. Doch sie wurden ausgelacht. Kurz darauf verstarb der junge Mann. Ebenso wie ein zweijähriges und ein elfjähriges Kind in den letzten Tagen verstarben. Umgebracht durch Europa.  

Berichte von Aktivist*innen vor Ort schildern unfassbares: Kinder werden immer schwächer und müssen vor Hunger Zweige essen. Eine Aktivistin berichtete mir, dass sie nur dunkle Jacken verteilen, Zelte oder ähnliches werden nicht benutzt, da sich die Menschen auf den Boden pressen, um nicht gesehen zu werden. Sie sind eingekesselt von 12.000 polnischen Soldat*innen, die Tränengas gegen sie einsetzen und werden von belarussischer Seite mit Waffengewalt daran gehindert, nach Belarus zurückzukehren. 

Europa guckt lachend zu, wie Menschen sterben. Jede*r Europäer*in, die schweigt, die jetzt nicht aufsteht und sich klar gegen die Grenzgewalt ausspricht, duldet, legitimiert und ermöglicht dies. Wenn ihr weiter schweigt, dann guckt auch ihr (lachend) zu, wie Menschen vor unseren Augen elendig zugrunde gehen.

Wir fordern die neue Bundesregierung und die Europäischen Regierungen auf, sich entschlossen für Menschenrechte, für sichere Fluchtwege und das sofortige Ende der Pushbacks einzusetzen. Die Menschen an der Grenze zwischen Polen und Belarus müssen einreisen dürfen und einen Asylantrag stellen dürfen. Deutschland darf keine Grenzkontrollen oder Grenzzäune einführen, sondern muss solidarisch Menschen aus Polen aufnehmen. Wir dürfen nicht wegschauen und ignorieren, wie unschuldige Menschen massiver Gewalt ausgesetzt sind.  Was wir seit Jahren in der EU erleben ist keine Flüchtlingskrise, sondern eine Krise der Humanität und der Rechtsstaatlichkeit. Aber wir sind und wir bleiben laut, bis die EU endlich nach rechtsstaatlichen Prinzipien handelt. Kein Mensch ist illegal, wir haben Platz und wir wollen schutzsuchende Menschen aufnehmen, jetzt!

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